Samstag, 8. Oktober 2011

Bambustempel und das Gegenteil eines jeden Badesees



Zum Abschluss der Konferenz hat unsere Organisation einen Ausflug für die Kinder organisiert. Da wollten wir unbedingt mit, und ich bin sehr dankbar, dass das auch geklappt hat.
Mit drei Jeeps ging es am Nachmittag Richtung NALCO-Gelände (die größte Aluminiumraffinerie Asiens).
Den Jeep, indem ich mitfuhr teilten wir uns zu 14. Ich saß ganz hinten und hat die große Ehre so manches Schlagloch intensivst kennenzulernen, wenn ich mal wieder mit dem Kopf an die Decke knallte.
Die Fahrt war klasse, wir fuhren mit ordentlich gut aufgedrehter indischer Musik durch das wirklich riesige Gelände von NALCO, das im Grunde eine eigene kleine Stadt  ist mit Krankenhäusern und allem Drum und Dran.

Unser erster Halt galt einem Bambustempel auf dem Gelände.
Bambus gehört zu den Pflanzen, die extrem schnell und gut wachsen. So ist der hinduistische Tempel dem Gott der Fruchtbarkeit gewidmet.
Wenn man beim Kinderkriegen ein bisschen Hilfe von oben haben möchte, besteht hier das Angebot göttlichem Beistands. Man muss nur seinen Namen in die über 10 Meter hohen und zwei Fäuste dicken Bambuspflanzen einritzen.
Ob dann bald der Storch kommt, muss ich noch herausfinden.
Auf jeden Fall war der Tempel wunderschön. An den Bambus waren viele goldene Glocken mit rotem Stoff angebunden.
Ich glaube es warten noch so manche Machdichbereitzumstaunentempel auf uns drei in den nächsten 330 Tagen.
Das war Mittwoch der erste Hindutempel, den ich je betreten habe. Von den Socken gerissen - oder ehrlich gesagt von den Flip Flops – hat er mich schon am Eingang.
Den ab da heißt es Barfußzone.

Weiter ging unsere Tour an einem Bauxitförderband. Der Grundstoff, aus dem auch das Laptop besteht, auf dem ich das hier alles schreibe, wartete noch in roten Erdbrocken darauf, gewaschen zu werden. In manchen Stücken konnte man viele kleine dunkelglänzende Steinchen erkennen.
Für diese vielen kleinen Körnchen mussten 40 000 Menschen ihr Land aufgeben.

NALCO hat auf dem Gelände zwei große Seen für die Abfallprodukte angelegt.
Einen für die rote Erde, und einen für Asche.
Der Aschsee, dessen Wasser giftig und künstlich-ungesund milchig-blau leuchtet, begrüßte uns mit einem großen gelben Schild aus Zement. „Welcome to Ashpond“.
Es scheint, als wollte man hier dazu anregen ein Freibad für die Kinder der Region zu schaffen. Denn eigentlich ist da alles prima. Es ist genug Wasser da, und wenn das Wasserrohr bahnfrei gibt, um Mal wieder ordentlich Abfälle reinzulassen, ist der Badespaß garantiert.
Ich kann mir gut vorstellen, dass das Wasser lustig blubbert, wenn man da reingeht. Eine gute Peelinggelegenheit für alle Wellnessfreunde, so gut, dass da kein einziger Fisch drin lebt.

NALCO behauptet, dass dieses Wasser dem Teich nie entweichen wird, allerdings zeigen Bodenproben aus der Umgebung, dass das laufend passiert.
So wird die eigentlich sehr schöne Landschaft jeden Tag ein bisschen mehr vergiftet, was für die Bauern der Umgebung bedeutet, dass die Ernten immer schlechter werden, und sich Ausfälle häufen.
Riechen tut der Teich übrigens auch sehr interessant.

Dinesh, der Pastor, den wir Sonntag besuchten, kennt Menschen die bei NALCO arbeiten. Irgendwann werden wir mit ihm mal die ganze Anlage besichtigen, inklusive der Minen, die uns mit ihren Explosionen tagsüber wunderbar wachhalten. Ein Ersatz für den Kaffee, der in Deutschland alltäglicher Energiepusher war.

Ich hab in den letzten Tagen soviel gesehen, dass der Raum zum Staunen in meiner Kopfdachdenketage echt gut gefüllt war.

Als wir zurückgefahren sind, wurde es schon dunkel. Mit der indischen Mukke im Ohr kamen wir am Campus an und wurden von ein paar Mädchen empfangen, die im Licht der Jeepscheinwerfer einen Dorftanz anfingen. Dempsa.
Mit Gänsehaut am Unterarm versuchte ich mitzutanzen. Auch wenn meine Versuche von meinem indischen Kollegen mit einem - durch Lachen verursachte Atemknappheit schwerverständlichem -  „Chanceless Man. Chanceless Man.“ kommentiert wurde, war es absolut klasse.
Bei Dempsa tanzt man die ganze Zeit hintereinanderweg in einer Runde. Immer in die selbe Richtung, so dass man schnell in eine kleine Trance kommt, wodurch man das auf dem Dorf schnell mal eine ganze Nacht lang durchtanzt. Da wäre ich voll dabei.

Nach der Tanzsession haben wir den Abend noch mit den Kindern verbracht. Sie haben Telugulieder gesungen und wir gaben "Ein kleiner grüner Kaktus" zum Besten. Wir waren eh - schon wieder - chanceless gegen die Kinder was das Singen anbetrifft.

Zwei Jungs haben noch ein Poetry Slam-ähnlich wirkendes Battle veranstaltet. Leider auf Telugu. Aber es schien darum zu gehen, möglichst geistreich, wortgewandt und fies auf das Gesagte des anderen zu antworten.

Um 5 Uhr morgens des nächsten Tages haben uns die Kinder dann nochmal pünktlich zu ihrer Heimfahrt aus dem Bett gerissen, damit wir schön Adieu sagen.

Wir haben schon beschlossen, wir wollen CMCJ nächstes Jahr in Andhra besuchen kommen und sind eingeladen eine Woche zu bleiben.

Im Mai machen sie eine Rallye nach Chennai. Mit vielen Zwischenstopps, um Dörfer über den Klimawandel aufzuklären. Wer weiß, vielleicht machen wir mit.


Mit der Bitte um ein Kind



Der Ashpond




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